Alexander von Siebold (1846-1911)
Die Söhne Philipp Franz von Siebolds aus seiner Ehe mit Helene von Gagern, Alexander und Heinrich, traten als Diplomaten in Fernost, nicht aber als Ärzte in die Fußstapfen ihres berühmten Vaters. Das findet auch im Wappen seinen Niederschlag, das nun ein drittes, oberstes Feld mit einer Sonne im Strahlenkranz aufweist.
Die beiden Siebold-Söhne wurden Zeitzeugen des langwierigen Prozesses der Öffnung des Landes und der rasanten Entwicklung nach der Meiji-Restauration, als Japan innerhalb weniger Jahre und Jahrzehnte Anschluss an den Westen suchte, und so den langgehegten Traum Philipp Franz von Siebolds verwirklichte.
Vor allem der in japanischen Diensten tätige und bei seinen Vorgesetzten in hohem Ansehen stehende Alexander konnte, nicht nur während der berühmten Iwakura-Mission, immer wieder auch direkt Einfluss auf japanische Spitzenpolitiker nehmen. Von medizinhistorischem Interesse ist seine Rolle bei der Gründung des Japanischen Roten Kreuzes – ein Ordensabzeichen mit den Roten Kreuz befindet sich in Familienbesitz – und seine Freundschaft mit dem berühmten Erwin Bälz, mit dem er korrespondierte und eine gemeinsame Reise unternahm. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang das Skelett eines Japaners, das als Geschenk des Generalarztes Hashimoto nach Würzburg gelangte.
Eine wichtige Rolle kommt den Brüdern auch als Sammler zu: In der Zeit der Meiji-Restauration, als der Adel entmachtet und von den seinen Besitzungen vertrieben wurde, das Tragen von Schwertern weitgehend verboten war und westliche Tradition und Kleidung in Mode kamen, wurde der Kunstmarkt regelrecht überschwemmt. Die Farbholzschnitte, oftmals achtlos als Verpackungsmaterial verwendet, übten einen großen Einfluss auf die westliche Kunst aus.
Neben den großen Museen in Wien und Leipzig profitierte auch Würzburg von der Sammelleidenschaft der Siebold-Söhne: Reste der hierhin geschenkten Objekte sind erhalten geblieben. Heinrich war übrigens nicht nur ein fanatischer „Curio-Händler‘, sondern verfasste auch Bücher zur Archäologie Japans. Beide Brüder unterstützten ihre Halbschwester Ine, auf die man – sowohl als illegitime Siebold-Tochter wie auch als „Ärztin“ – in europäischen Diplomatenkreisen vielfach mit Skepsis herabblickte.
Der dritte Sohn Philipp Franz, Maximilian August Constantin von Siebold (1854-1887) trat 1870 in die niederländische Kriegsschule in Campen/Holland ein und ging 1880 als Offizier nach Ostindien. Er starb 1887 in Semarang/Java. Mit dem Tod von Alexanders gleichnamigem Sohn, der Jura studierte und im April 1918 in Flandern als Reserveleutnant fiel, ist dieser Zweig der Familie im Mannesstamm ausgestorben.
Alexander Georg Gustav von Siebold (1846-1911)
* 16. August 1846 in Siebolds Haus „Nippon“ in Leiderdorp bei Leiden,
aufgewachsen in Boppard und Bonn
1859-62 Japanreise zusammen mit seinem Vater
1861/62-1870 Attaché bei der englischen Gesandtschaft in Edo und Yokohama
1863 Staatsexamen und Anstellung als Dolmetscher
1870 Erhebung in der österreichischen Freiherrnstand
1870-1911 Diplomat in japanischen Diensten
1872 Betreuung der Iwakura-Mission in London
1873 Vorbereitung und Betreuung der japanischen Abteilung der Weltausstellung in Wien
1873 Mitglied der „Beförderer des Freiwilligen Sanitätswesens“
1877 auf Siebolds Initiative Gründung der Hakuai-sha, einem Vorläufer des jap. Roten Kreuzes
1886 Beitritt Japans zur Genfer Konvention
1888 Rückkehr nach Europa; Erwerb der Burg Colmberg
1897 Erwerb von Schloss Leipheim bei Ulm
1900 Umzug nach Würzburg, später nach Berlin und Frankfurt/Main
+ 23. Januar 1911 in Pegli bei Genua