Georg Christoph Siebold (1767-1798)
Carl Caspars ältester Sohn Georg Christoph – er trug die Vornamen seines Großvaters, des Oberwundarztes Stang – hat sich in seinem kurzen, arbeitsreichen Leben sowohl als Geburtshelfer wie auch als Internist große Verdienste um die Medizinische Fakultät erworben. 1790, im Alter von nur 23 Jahren wurde er nach seinem Medizinstudium in Würzburg, Altdorf und Göttingen zum außerordentlichen Professor der allgemeinen Heilkunde, Diätetik und Geburtshilfe an der Alma Julia bestellt. Bereits im Folgejahr konnte er einen wichtigen Erfolg verbuchen: Mit dem provisorischen Gebärhaus im alten „Freihaus“ am Inneren Graben stand den Medizinstudenten erstmals eine klinisch-geburtshilfliche Ausbildungsstätte zur Verfügung. Hier führte der junge Professor im Folgejahr die erste Kaiserschnittentbindung durch. 1794 veröffentlichte er auch ein Lehrbuch, das unter Titel ‚Systematische Darstellung der Manual- und Instrumental-Geburtshülfe‘ gedruckt wurde.
1792/93 hatte Georg Christoph mit einem fürstbischöflichen Stipendium eine Reise zu den medizinischen Einrichtungen in Wien und Oberitalien unternommen, über die er einen kritischen Bericht verfasste. 1795 wurde er zum ordentlichen Professor ernannt und übernahm zugleich die Stelle des zweiten Arztes am Juliusspital. Mit dieser Position war die Erteilung des klinischen Unterrichts am Spital, die Betreuung der Irrenabteilung und die medizinische Versorgung des 1786 gegründeten Kranke-Gesellen-Institutes verbunden. Erfahrungen der noch jungen Würzburger Klinik sowie Beobachtungen der Studienreise flossen in seine ‚Vorläufige Nachricht von der gegenwärtigen Einrichtung des Klinikums an dem Julius-Hospital zu Würzburg‘. Schon hier forderte er eine fundierte theoretische Unterweisung der Medizinstudenten, die dem praktischen Teil der Ausbildung am Krankenbett vorausgehen sollte. Die künftigen Ärzte hatten als „Auscultanten“ ein halbes Jahr lang ein klinisches Tagebuch über die Patienten zu führen, bevor sie als fortgeschrittenere „Praktikanten“ zu den Konsultationen am Krankenbett zugelassen wurden. Bezüglich der Pharmakotherapie war Siebold eher konservativ eingestellt. Zur Förderung des klinischen Unterrichts beantragte er ein Sektionszimmer.
1796 rückte Christoph Siebold, der beim Fürstbischof in der Zwischenzeit ausführliche Reformvorschläge für die Einrichtung einer medizinischen Klinik eingereicht hatte, zum Primararzt auf. Den Lehrauftrag für „medizinische Praxis“ tauschte er mit seiner Ernennung zum leitenden Spitalarzt gegen den für Physiologie ein. Eine erste Bewährungsprobe brachte die Schlacht von Würzburg, nach der er zusammen mit seinem Vater und seinen Brüdern die zahlreichen Verwundeten beider Armeen versorgen musste. Neben seinen klinischen Aufgaben und seiner Vorlesungstätigkeit verfasste Christoph Siebold auch eine Reihe von Monographien und kleineren medizinischen Fachaufsätzen. Im Herbst 1797 erkrankte er an einer Lungenschwindsucht, der er schon im Januar 1798 erlag.
Georg Christoph Siebold (1767-1798)
* 30. Juni 1767 in Würzburg
Unterricht durch Hauslehrer, dann Würzburger Gymnasium
1781-89 Medizinstudium in Würzburg, Altdorf, Göttingen
1789 Promotion in Göttingen
1790 ao. Professur für allgemeine Heilkunde, Diätetik und Geburtshilfe
1791 Eröffnung des „Freihauses“ am Inneren Graben
1792 erste Kaiserschnittentbindung im Freihaus durch Georg Christoph
1792 Studienreise nach Wien und Italien
1795 ordentl. Prof. der Medizinischen Praxis und Zweiter Arzt am Juliusspital
1796 ordentl. Prof. der Physiologie; Erster Spitalarzt und Direktor der Medizinischen Klinik
1797 seit Herbst dauernd bettlägerig wegen einer Lungenschwindsucht
+ 18. Januar 1798 in Würzburg